Unsere Welt ertrinkt in Daten. Wir haben die Wahl, sie zu ignorieren und als großes Rauschen abzutun oder sie zu nutzen. In den vergangenen 20 Jahren wurde alles digitalisiert, was sich digitalisieren ließ. Wir können heute im Internet einkaufen, Filme anschauen, Zeitungen lesen und unser Wissen in diversen Foren erweitern. Sogar Videotelefonie ist möglich, um z. B. von Deutschland nach Neuseeland in wenigen Sekunden ein Video mit Ton in Echtzeit aufzubauen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass immer mehr Informationen sofort und fundiert zur Verfügung stehen müssen. Wenn vor zwanzig Jahren die Feuerwehr durch die Straßen fuhr, stand die Pressemitteilung erst am nächsten Tag in der Zeitung. Man musste auf den Bericht der Lokalpresse warten oder man kannte eine der Einsatzkräfte.
Schnelllebig
Blickt man nur zehn Jahre zurück, sah die Pressewelt noch ganz anders aus. Auch damals gab es zwar schon „Blaulichtreporter“, die oft schnell vor Ort waren, aber Facebook, Instagram, Twitter und Co. steckten noch in den Kinderschuhen und spielten bei der Medienberichterstattung nahezu keine Rolle. Wie bereits erwähnt, beschränkte sich die Pressearbeit bei Einsätzen meist auf eine Pressemitteilung nach Abschluss der Arbeiten und einen O-Ton für Radio oder Fernsehen. Heute müssen die schnelllebige Presse und die Social-Media-Kanäle im Idealfall einsatzbegleitend mit Informationen versorgt werden, sonst besteht die Gefahr, dass die Berichterstattung auf Amateuraufnahmen von Schaulustigen beruht und ein gut verlaufener Einsatz im Internet zerrissen wird.
Wir müssen reden
In der heutigen Zeit können Artikel innerhalb kürzester Zeit veröffentlicht werden, was uns als Feuerwehr unter Druck setzt. Wir müssen Einsatzinformationen sammeln, Info-Telefonate mit Medienvertretern führen, Statements für Radio und Fernsehen abgeben, Pressemitteilungen herausgeben und die Social-Media-Kanäle der Feuerwehr bedienen. Für diesen Aufgabenbereich gibt es einen Satz, der aus drei einfachen Wörtern besteht: Wir müssen reden. Egal ob haupt- oder ehrenamtlich strukturierte Feuerwehr. Diese drei Worte sind der Dreiklang einer professionellen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, denn je nach Betonung des Satzes ergibt sich eine andere Bedeutung. Wir müssen reden. Wenn wir zu einem Großbrand alarmiert werden und abends in den Nachrichten zu sehen sind, muss der Sprecher der Feuerwehr zu sehen und zu hören sein. Würde man das der Polizei überlassen, käme es oft zu fachlichen Unstimmigkeiten, die zu Missverständnissen führen. Umgekehrt könnten wir nicht richtig und korrekt über die Arbeit der Polizei berichten. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit muss auch von Menschen gemacht werden, die Lust dazu haben. Es müssen Menschen gefunden werden, die ihre Feuerwehr im Herzen tragen und mit Leidenschaft sprechen und schreiben. Für diese Menschen ist eine professionelle Ausbildung unerlässlich, denn das richtige Know-how kann im besten Fall das Image der Feuerwehr verbessern. Wir müssen reden. Der ständige Wandel in der Gesellschaft macht auch vor den Feuerwehren nicht halt. Immer wieder gibt es Neuerungen, die eine ehrliche und umfassende Informationsausgabe nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig erscheinen lassen. So werden komplexe Maßnahmen und Abläufe für alle transparent erklärt. „Man kann nicht nicht kommunizieren“, lautet ein Axiom der Kommunikationstheorie von Paul Watzlawick. Jeder hat schon Flurfunk erlebt, der zu einer Verbreitung von falschen und nicht vollständigen Informationen geführt hat. Flurfunk stammt meist aus unsicheren Quellen, sodass scheinbare Fakten zu einer voreiligen Meinung werden. Ist diese Meinung erst einmal entstanden, ist es schwierig, sie zu korrigieren. Wir müssen reden. Reden ist das wichtigste Wort für unsere Arbeit als Kommunikatoren in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Es bedeutet sprechen, schreiben, plaudern, diskutieren, kommunizieren. Nichts ist schlimmer, als eine wichtige Botschaft falsch zu kommunizieren. Wie bereits beschrieben, sind solche falsch interpretierten Meinungen nur schwer zu korrigieren und erschweren uns als Feuerwehr die Arbeit erheblich. Daher sollten wir uns die Zeit nehmen, gut zu kommunizieren und zu reden. Sowohl mit unseren Feuerwehrangehörigen als auch mit den Medienvertretern.
Aber nicht nur die Presse-, sondern auch die Öffentlichkeitsarbeit hat sich durch die zunehmende Digitalisierung der Medienwelt stark verändert. Der „analoge“ Flyer zur Mitgliederwerbung erreicht heute kaum noch die Zielgruppe, ein möglichst kreativ gestalteter Post auf Instagram oder Facebook hat dagegen das Potenzial „viral“ zu gehen und schnell von mehreren hunderttausend Nutzern im Netz gesehen zu werden. Diese Entwicklung macht es notwendig, der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit deutlich mehr Aufmerksamkeit zu schenken und sie auf die heutigen Anforderungen auszurichten. Während fast jede Feuerwehr über eine eigene Website verfügt und auch viele Feuerwehren bereits einen Facebook-Auftritt haben, ist die Präsenz z. B. auf Instagram und Twitter bei Weitem nicht so ausgeprägt. Ein Grund dafür ist der enorm hohe personelle Aufwand, um diese Kanäle professionell zu bespielen. Eine Feuerwehr ohne Social-Media-Auftritt verpasst aber nicht nur die Chance einer zeitgemäßen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, sondern wird auch von Jugendlichen als altmodisch und unmodern wahrgenommen.
Auszug aus dem Fachbuch ,,Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Jannik Stiller und Heiko Hahnenstein“.